Der Klotzscher Maler Georg Estler (1860-1954)

In der kulturellen Landschaft Sachsens nimmt das Forum Mitteldeutsche Kunst eine besondere Stellung ein. Ansässig im Dresdner Stadtteil Hellerau, hat sich das Forum der Aufgabe verschrieben, Künstler und Werke des 20. Jahrhunderts aus der mitteldeutschen Region wieder ins Licht zu rücken. Viele dieser Künstler und ihre Werke sind im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten oder fanden nie die Anerkennung, die sie verdient hätten. Doch das Forum setzt sich intensiv dafür ein, diesen Kunstschatz neu zu entdecken, zu bewahren und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Mit diesem Hintergrund erscheinen im Heideblatt regelmäßig Artikel über Künstler und deren Werke, die in einem Zusammenhang mit Klotzsche stehen.

Zu wichtigen Persönlichkeiten mit Bezug zu Klotzsche gehört der Maler und Zeichner sowie Ludwig-Richter-Schüler Georg Estler, dessen Todestag sich am 1.11. 2024 zum siebzigsten Mal jährte.

Geboren wurde Georg Estler am 3. März 1860 in Meißen als Sohn eines Konditors und einer Lebensmittelhändlerin. Bereits in den 1860er Jahren zog die Familie nach Dresden. Nach dem Besuch einer Bürgerschule sollte der zeichnerisch talentierte, entsprechend einer Familientradition als Porzellanmaler in Meißen ausgebildet werden. Diese Pläne scheiterten allerdings, so dass er zunächst Privatunterricht bei einem Meißner Maler erhielt. 

Bereits mit 14 Jahren trat er in die Dresdner Kunstakademie ein. Erste Lehrer waren die Professoren Kriebel, Schönherr, Bary und Erhardt. 1877 wurde er Schüler im Landschaftsatelier von Ludwig Richter, von 1879-1881 Schüler des Historienmalers Julius Hübner. Danach war er für zwei Jahre Schüler im Meisteratelier des Ludwig-Richter-Nachfolgers Friedrich Preller des Jüngeren. Diese Ausbildungen prägten seinen den Nazarenern angelehnten Stil nachhaltig.

Wichtig für die Weiterentwicklung des Künstlers war der Erhalt des großen Akademischen Reisestipendiums, das es ihm ermöglichte, 1883/84 nach Italien zu reisen, wo er besonders in Rom, Tivoli, Capri und Olevano arbeiten konnte. Danach verdient er seinen Lebensunterhalt in Dresden durch Malunterricht, ehe es ihn von 1987-89 erneut nach Italien und 1894 wiederum nach Italien und Dalmatien zog. Malausflüge führten ihn aber auch in die Dresdner Umgebung, in den Spreewald und nach Böhmen, wo er besonders Zeichnungen und Landschaftsaquarelle schuf.

1889 heiratete Georg Estler die Tochter des Dekorationsmalers Wilhelm Andreas Schaberschul (1830-1903), der u.a. die Deckengemälde im unteren Rundfoyer der Semperoper schuf, Gertrud Schaberschul (1866-1926). Das Ehepaar hatte 4 Kinder. An die Familie erinnerte die Enkelin Caroline Diestel in der 13. Ausgabe des Klotzscher Heideblattes (I.Quartal 2001).

Mit der Berufung von Carl Bantzer, Gotthard Kuehl, Robert Sterl u.a. an die Kunstakademie nach Dresden war die Epoche der Historienmalerei in Dresden beendet und die Freilichtmalerei setzte sich erfolgreich durch, z.B. in der Künstlerkolonie Goppeln, der sich Georg Estler 1892 anschloss.

Georg Estler verdiente dann für 30 Jahre seinen Lebensunterhalt u.a. durch ein Schüleratelier in Dresden auf der Ostbahnstraße, wo er in 30 Jahren etwa 600 Mal-Schüler und Schülerinnen ausbildete.

1909 erfolgte der Umzug nach Dresden-Klotzsche auf die Carolastr.3, die heutige Georg- Estler-Straße. Das Wohnhaus ist erhalten und wunderbar saniert. 

Ein Augenleiden hinderte ihn zunehmend an seiner künstlerischen Arbeit und führte schließlich zur Erblindung. Der Künstler blieb  bis ins hohe Lebensalter rüstig und wurde auf dem Alten Friedhof Klotzsche beerdigt. Eine Gedenktafel erinnert an den letzten überlebenden Ludwig-Richter-Schüler und seine Ehefrau.

Seien Sie auf die nächste Ausgabe des Klotzscher Heideblatts gespannt. Da werden wir einen Bogen von den Italienreisen Georg Estlers zu einem Projekt in die Zukunft schlagen.

Sind Sie kunstinteressiert? Das Forum Mitteldeutsche Kunst 20. Jahrhundert will auch einen Beitrag zur kulturellen Identität der Region, indem es die lokale Kunstgeschichte mit der nationalen Kunstgeschichte verknüpft, leisten. Es bietet einen Raum für die Reflexion über die spezifischen Herausforderungen und Chancen, die die Künstler in Mitteldeutschland im 20. Jahrhundert prägten. Gern können Sie sich mit Wissen, Ideen, Vorschlägen, Artikeln oder einer Mitgliedschaft in unserem Verein engagieren.

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