
Am 13. Februar 2025 jährte sich die Zerstörung großer Teile Dresdens zum 80. Mal. Es war einer der verheerendsten Luftangriffe auf eine deutsche Stadt im Zweiten Weltkrieg. Am 13. bzw. 14. Februar, kurz vor Kriegsende, warfen zuerst britische und danach US- amerikanische Flieger in zwei Nacht- und zwei Tagesangriffen riesige Mengen an Bomben ab. Im Bombenhagel und im Feuersturm starben mehr als 25.000 Menschen. Klotzsche war im Vergleich zur Innenstadt verschont geblieben, aber in die Auswirkungen einbezogen.
Die von der Deutschen Wehrmacht in Klotzsche stationierten Jagdflieger hätten gestartet und abwehren können. Es galt aber der Befehl, die kostbare Technik zu schonen.
Anlässlich des 80. Jahrestags der Bombardierung Dresdens wurde zu einer Gedenkveranstaltung im Sinne eines Erzählabends von der Kirchgemeinde und dem Klotzscher Verein in das Gemeindehaus “Alte Post Klotzsche” für 19.30 Uhr eingeladen. Schwerpunkte waren persönliche oder von Angehörigen bewahrte Erinnerungen. Die Veranstaltung wurde von Frau Schweizer-Strobel gut organisiert und geschickt moderiert. Insgesamt ergriffen elf Vortragende das Wort – angefangen von einem 91jährigen Augenzeugen bis hin zu einer Jugendlichen, die die Erinnerungen ihrer Uroma vorlas. Von passenden Violinenklängen umrahmt, endete dieses berührende Gedenken mit dem Glockengeläut 21.45 Uhr.
Wir haben für Sie noch zwei Beiträge aus unserer Erinnerung ausgewählt, die auch in diese Veranstaltung gepasst hätten.
Ein besonderer Dankesbrief (Auszug und Abschrift )
eingereicht von Siegfried Bannack
Lieber Siegfried,
der 13. Februar war für unsere Mutti das schlimmste Erlebnis in ihrem Leben. Dass wir noch leben, haben wir auch Deinem Vater, Alfred Bannack, zu verdanken, der ja unsere Mutti mit uns vor dem brennenden und einstürzenden Haus auf der Stephanienstraße in Striesen gefunden hat und nach Klotzsche brachte. Von der Erzählung meiner Mutti weiß ich, dass sie am 1. Februar 1945 in diese Wohnung gezogen ist. In der Nacht vom 13. zum 14. Februar ist sie nach dem Angriff in den Keller, in dem sich noch andere Menschen befanden. Dort muss die Luft recht eng geworden sein und durch den Luftdruck schlug die Kellertür zu.
Ein Mann in Uniform trat die Tür mit seinem Stiefel ein und floh nach draußen. Mich muss meine Mutti im Arm gehabt haben und Hans-Werner, mein Bruder, war irgendwo im dunklen Keller.. Da er ein Pelzmäntelchen anhatte, konnte sie ihn mit den Händen ertasten und floh mit uns zwei Kindern aus dem Keller. Durch das Feuer und den furchtbaren Qualm konnte sie nichts mehr sehen und war in furchtbarer Angst um uns. Kurz darauf muss das Haus eingestürzt sein. Dein Vater war mit einem Suchtrupp in der brennenden Stadt unterwegs, um zu helfen. So fand er uns drei. Wir erhielten für einige Zeit, wie lange kann ich nicht sagen, bei Eurer Familie Zuflucht. Dafür war meine Mutti ihr Leben lang dankbar.
Hoffen wir, dass die Welt irgendwann mal friedlicher wird!
Liebe Grüße senden Dir und Anita ganz herzlich
Rolf und Christine
Anmerkung von Siegfried Bannack:
Als mein Vater am 14. oder 15.Februrar 1945 mit Frau Loewe und ihren zwei Kindern hier in Klotzsche eintraf, waren bereits meine Schwester Kätel mit ihren drei Kindern und Mann von der Jordanstraße, wo sie ausgebombt wurden, hier eingetroffen. Außerdem lebten meine Eltern mit mir und meiner Schwester Annemarie und ihrem knapp ein Jahr alten Sohn in unserem Haus, also insgesamt 12 Personen. Ich erinnere mich, dass es wochenlang nach Brand und Rauch im Haus roch, da die Kleidung der Ausgebombten damit vollgesogen war.
Können Wandteller erzählen? Eigentlich nicht. Oder doch?
eingereicht von Beate Eilers
Erinnerungsbericht meiner Tante Else Kletzsch
Ich schaue auf die Wandteller in meiner Stube und denke an Tante Else und an ihre Erzählungen vom 13. Februar. Else wurde, wie auch ihre Schwester und meine Mutter, in Soldin (Westpommern, jetzt Polen) geboren und hat Emil Kletzsch aus Dresden kennen und lieben gelernt. Sie heirateten 1939 und wohnten seitdem im großen Haus der wohlhabenden Schwiegereltern in der Seestraße bzw. der Innenstadt Dresdens. Emil war, familiär bedingt, Mitinhaber florierender Fleischwarengeschäfte. Else arbeitete als Verkäuferin in Pfunds Molkerei.
Der 2. Weltkrieg bereitete seine dunklen Schatten auch über diese glückliche Familie. Emil wurde 1940 in den Krieg eingezogen. Else war nun allein, aber ein Mensch, der sich nicht unterkriegen ließ, pfiffig und geschäftstüchtig. Sie hatte unter vielen Bekannten auch eine Freundin in Klotzsche, die in der Bismarckstraße (jetzt Kieler Straße) wohnte.
Tante Else erzählte mir, dass am Kriegsende viele Städte Deutschlands in Schutt und Asche zerbombt wurden. Aber dass sie, wie so viele Dresdner, immer daran geglaubt hat, ihr „Elbflorenz“ würde davon verschont bleiben. Dieser Glaube bestätigte sich aber nicht.
Am 13. Februar 1945, als nach 21 Uhr der Fliegeralarm ausgelöst worden war, hatte sie sich mit ihren schon betagten Schwiegereltern in den Luftschutzkeller begeben. Dann brach draußen das Bombeninferno und im Keller die Panik aus. Sie erkannte rechtzeitig die beginnende Katastrophe, nahm ihren Rucksack und einen kleinen Koffer, der im Keller in ihrer Nähe stand, und flüchtete nach der ersten Angriffswelle mit denen, die noch Kraft und Mut aufbrachten. Sie kämpfte sich durch die brennenden Straßen der Innenstadt gen Norden und wollte nur noch zu ihrer Freundin nach Klotzsche. Es wäre grauenhaft gewesen, was sie auf dieser Flucht erlebt habe. Sie sagte: „Beatchen, das war so schrecklich, das kann ich dir nicht erzählen!“
Nach Mitternacht rollte die zweite Bomberflotte an und machte weiteres Entkommen aus dem lodernden Feuersturm der Innenstadt nahezu unmöglich. Else erzählte, dass sie da aber schon fast Klotzsche erreicht hatte. Ihre Vermutung, dass die Randregionen Dresdens größtenteils vom Angriff verschont würden, hatte sich bestätigt. Ihre Freundin war überglücklich, als Else dann völlig erschöpft und verstört ankam. Die Schwiegereltern von meiner Tante haben diese Nacht nicht überlebt. Ihr Haus wurde von Bomben getroffen und zerstört. Gerettet hatte Else ihr Leben, ihren Rucksack und den kleinen Koffer. In ihm befanden sich etwas Wäsche, fünf geschliffene bunte Weingläser (Römer) und drei Wandteller…
Viele Leserinnen und Leser haben diese grauenvolle Zeit glücklicherweise nicht erlebt. Die, die sie erlebt haben, sind jetzt 80 Jahre und älter. Ihre Erinnerungen und Erfahrungen sollten wir wertschätzen und bewahren. Und verinnerlichen, welches Leid Kriege für uns alle bringen.
Siegfried Bannack und Beate Eilers
Klotzscher Verein
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