
Das Hellergut war eines der großen Weingüter im Dresdner Norden und die „Hellerschänke“ noch nach dem Krieg eine beliebte Ausflugsgaststätte. Das Hellergut und die Hellerschänke lagen am Rande des Heller, im Bereich der heutigen Autobahnabfahrt Hellerau. Viele Legenden und Geschichten ranken sich um den Ort, an dem August der Starke geweilt haben soll. Auch heute gibt es noch einige Zeugnisse, die von der Geschichte erzählen.
Dem interessierten Dresden-Kennern wird es sicher aufgefallen sein, das Portal am Eingang zum ehemaligen Weinkeller unterhalb der Secundo Genitur an der Rückseite der Brühlschen Terrasse. Es stammt aus der augusteischen Barockzeit. Es hat nur einen „Fehler“. Es ist von einem ganz anderen Ort, der sich am Rande der Landeshauptstadt befindet und zur Zeit der Entstehung noch gar nicht zu Dresden gehörte.
Das Hellergut an dessen Weinkeller es sich einst befand, war neben dem Wilder-Mann-Gut und Wertherschem Weingut (beide in Trachenberge) eines drei großen Weingüter im heutigen Dresdner Norden. Alle drei gibt es schon lange nicht mehr, nur noch Reste sind vorhanden. Ihre Geschichte allerdings ist –noch– nicht vergessen.
Mit den Mönchen kam der Wein
Doch der Reihe nach: Weinbau spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle, war er doch neben seiner liturgischen Bedeutung bei den Gottesdiensten eines der Getränke, die man neben Bier ziemlich problemlos konsumieren konnte. Und so ist es kein Zufall, dass mit der Verbreitung des Christentums und der Gründung neuer Klöster und Pfarreien auch der Weinbau expandierte. Namen wie „Weinbergstraße“, „Am (Wein-)Berg“ oder ähnliche zeugen noch heute davon. Später wurde der Wein ein Getränk, das man zu Feiern und Festen genoss, besonders nachdem die Wettiner zur Herzögen erhoben wurden und die Kurfürstenwürde erhielten. August der Starke soll ihn ja in seinen Runden bis zum Überfluss konsumiert haben. Im damaligen Sachsen (dazu gehörten Gebiete im Osten Brandenburgs, große Teile Thüringens und auch der südliche Teil des heutigen Sachsen-Anhalt) sollen es über 5.000 Hektar (!) gewesen sein. Setzt man die heute unter Reben stehende Fläche von ca. 550 Hektar (Sachsen) und 750 Hektar (Saale-Unstrut; Sachsen/ Nord-Thüringen) gegenüber (auch in Süd-Brandenburg gibt es noch einige kleinere Flächen), war das eine beachtliche Ausdehnung! Eigentümer der Weinberge waren zunächst Klöster und Landesherren, mit der Reformation wurde einige Klostergüter zu Kirchenbesitz, aber vor allem taten sich die Landesherren gütig an den Klosterflächen, fügten sie ihren eigenen Besitzungen hinzu. Das Gebiet um „Hoflößnitz“ ist dafür ein gutes Beispiel. Zahlreiche Flächen wurden später aber auch verschenkt, vererbt, verkauft. So entstanden zahlreiche Weingüter, die von ihren Besitzern auch entsprechend mit mehr oder weniger finanziellem Aufwand gestaltet wurden. Bewirtschaftet wurden die Weinberge von Winzern und Weinbauern in Fronarbeit oder als Eigentümer bzw. Pächter der Flächen. Auf großen Gütern gab es auch angestellte Mitarbeiter.
Hellerschänke war Ursprung des Gutes
Die erste Erwähnung des Gebietes um das Hellergut datiert um das Jahr 1650.
Die Bezeichnung HELLER lässt sich aus dem sorbischen ableiten und bedeutet soviel wie „kahler Berg“. Die Flur des Hellers, das Hellergut und der Gasthof „Hellerschänke“, haben nie zu Wilschdorf gehört, aber die Beziehungen zueinander waren vielfältig. Im Volksmund wird von der „Hellerschänke“ gesprochen, obwohl der Gasthof „Zum letzten Heller“ firmierte.
Aus historischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass auf dem „kahlen Berg“ schon vor dem 30-jährigen Kriege (1618 – 1648) Anwesen gestanden haben sollen. Bis auf das Jahr 1670 geht die nachweisbare Geschichte des Gasthofes „Zum letzten Heller“, der ursprünglich „Zum grünen Baum“ hieß, zurück. Um diese Zeit baten der Kammerjunker Hans Caspar Knoch und der Proviantverwalter Hahn um Überlassung einen Platzes zu Weinberganlagen in der Dresdner Heide (Südhänge). Die Erlaubnis wurde am 31. Juli 1673 durch Kurfürst Georg lll. erteilt, und neben dem Weinberg wurde ein an der Straße gelegenes Häuschen mit Schankgerechtigkeit erbaut. (Das zuerst unter dem Namen („Gasthof zum grünen Baum“ bekannt war) 1704 – erwirbt der Oberlandjägermeister Dietrich von Erdmannsdorff den 1670 bzw. 1673 von dem Knoch’schen Erbe an der Radeburgischen Straße angelegten Weinberg nebst Haus und Viehtrift und erkor ihn zu seinem „Lustsitz“. Er ließ die Gebäude nebst dem markanten Portal errichten.
Eigentümer und Pächter wechselten mitunter ziemlich schnell. Eine genaue Übersicht gibt es bis heute nicht.
Um 1860 erwarb der sächsische Militärfiskus das Anwesen aus privater Hand; dort sollte eine Pionierkaserne erbaut werden. Der Plan wurde aber nach den Kriegen 1866 und 1870/71 aufgegeben. Das Grundstück kam wieder in Privathand.
1918 übernahm die Stadt Dresden schließlich das Anwesen, das zu dieser Zeit aus Gaststätte mit Saal, landwirtschaftlichem Gebäuden, Schießhalle, Kelterei und Nebengebäuden bestand. Im Hauptgebäude gab es auch zahlreiche Wohnungen.
Auch wenn der Weinbau spätestens mit der Reblauskatastrophe sein endgültiges Ende fand, wurden Landwirtschaft und Gaststätte weiter betrieben. Die „Hellerschänke“ entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsziel. Und auch für Maler war es ein beliebtes Motiv, allen voran Otto Altenkirch. Er war öfter zu Gast, verkehrte auch mit den Bewohnern und schuf zahlreiche Gemälde von diesem Ort, die für uns heute die letzte Zeugnisse sind.
Im Archiv des Autors befinden sich auch noch zahlreiche Dokumente und Fotos aus privaten Sammlungen, die einen Eindruck des Gebäudekomplexes vermitteln.
Das Portal ist Zeugnis der Geschichte
Mit dem Ausbau der Radeburger Straße als Zubringer zur Autobahn (heute A4) nach Berlin mussten bereits die ersten Gebäude weichen. Weitere folgten später.
Die Hellerschänke wurde nach dem II. Weltkrieg wieder eröffnet und war ein beliebtes Ausflugsziel der Dresdner. In den 1950er Jahren wurde sie aus baulichen Grünen endgültig geschlossen. Das Gebäude diente danach u. a. als Lager der Dresdner Stadtverwaltung. Anfang der 1970er Jahre besuchte KPdSU-Generalsekretär Leonid Iljitsch Breschnew auch Dresden. Dem von Berlin kommenden Fahrzeugkonvoi wollte man den Anblick des verfallenen Gebäudes, das sich direkt gegenüber der Autobahnausfahrt befand, nicht „zumuten“ und so war der Abriss der beiden Gebäude nur eine Frage der Zeit. Lediglich das eigentliche Gutsgebäude blieb stehen, diente weiterhin Wohnzwecken und wurde dann vom Agro-Bau übernommen, der dort seinen Betriebshof anlegte.
Die Gebäude des Hellergutes, die eigentlich erhalten bleiben und saniert werden sollten, wurde in den 1990er Jahren schließlich doch abgerissen. Lediglich Teile der Umfassungsmauer und einzelne Weinterrassen – im Wald versteckt – sind erhalten.
Dem Agrobau Dresden ist es auch zu verdanken, dass das historische Portal, erhalten blieb und schließlich in den 1970er Jahren an seinen neuen Standort im Zentrum der Stadt versetzt wurde, wo man es heute noch bewundern kann. Und vielleicht wird eines Tages einmal eine Tafel darauf hinweisen, wo es seinen Ursprung hat.
Freuen Sie sich über weitere Artikel in den nächsten Heideblättern.
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