Er war wieder hier, in seinem Revier

Wer kennt dieses schöne Gefühl, wenn man nach langer Zeit wieder in seine alte Heimat kommt und dort liebevoll empfangen wird? 

Dass es dem Schriftsteller Ingo Schulze am 5. September 2025 zur Lesung seines Buches „Die rechtschaffenen Mörder“ im Gemeindezentrum „Alte Post“ so erging, ist besonders Manto Sillack und Hans-Peter Tschirch zu verdanken. Sie stellten den Kontakt zu Ingo Schulze her und organisierten federführend diese Veranstaltung. Auch der Kirchgemeinde bzw. Frau Schweizer-Strobel und dem Vereinsvorsitzenden Michael Otto, sowie einigen Mitgliedern des Klotzscher Vereins e. V., gebührt entsprechender Dank. Die Räumlichkeiten des GAP mussten zur Verfügung gestellt und bestuhlt werden. Auch wurde für einen Imbiss gesorgt. Es konnte eine eintrittsfreie Veranstaltung angeboten werden, die sich nur aus freiwilligen, nach der Lesung abgegebenen Spenden der Gäste finanzierte. 

Ich kam am Tag der Lesung sehr zeitnah im GAP an, und alle irgendwie nutzbaren Plätze waren schon mit mehr als zweihundert Gästen gemischten Alters besetzt.  Besonders erfreulich empfand ich es, dass etwa ein Viertel davon Jugendliche waren. Dies ist auf die gute Zusammenarbeit Manto Sillacks, des Klotzscher Vereins e.V. und des Gymnasiums Klotzsche, dort speziell mit der Lehrerin Frau Ludwig, zurückzuführen. Schon zum zweiten Mal konnte so der Leistungskurs Deutsch des Gymnasiums Klotzsche ganz unkompliziert an Lesungen von Schriftstellern teilnehmen und sich so mit Literatur befassen, die der Lehrplan nicht vorgibt.

Die Buchlesung wurde von Petra Schweizer-Strobel eröffnet, die mit einer einführenden Rede den Ton für die Veranstaltung setzte. Man hatte auch noch eine Überraschung für Ingo Schulze parat. Sein Cousin Moritz Schulze und Ronny Sommerer (Quattro mani) umrahmten mit auflockernder Akkordeonmusik diese Lesung. 

Anschließend übernahm Annett Mordt-Stoll, die stellvertretende Vorsitzende des Klotzscher Vereins, die Moderation. Ingo Schulze erinnerte einführend daran, dass er ja nicht unweit vom Ort seiner Lesung, im St.-Marien-Krankenhaus Dresden, im Jahr 1962 das Licht der Welt erblickte. Auch hatte er noch einen persönlichen Bezug zur „Alten Post“. Als jugendlicher Briefmarkensammler kam er hierher, um seine bestellten Marken abzuholen. Oft kam er aber zu spät und der nachsichtige Postangestellte hatte sie trotzdem aufgehoben. Nach einer entsprechenden „Reformante“ erhielt er seine Briefmarken dann auch. 

Die Lesung selbst bot Einblicke in sein im Jahr 2020 erschienenes Buch  und ermöglichte den Besuchern, die komplexe Geschichte und die Charaktere besser zu verstehen. „Die rechtschaffenen Mörder“ ist ein Roman, der die politische Entwicklung im Osten Deutschlands thematisiert. Ingo Schulze gibt seinen Lesern selten einfache Antworten, sondern sät Zweifel an der Geschichte. Man kann nicht oberflächlich lesen, sondern muss bei ihm nachdenken. Auch konnten die Zuhörer ihre Kenntnisse über das Buch vertiefen und neue Perspektiven gewinnen.

Annett Mordt-Stoll führte gut vorbereitet durch die Lesung. Durch die geschickte Moderation konnten die Gäste ihre Fragen und Gedanken äußern und eine lebendige Diskussion entstand. Ich empfand, dass diese Veranstaltung ein gelungenes Beispiel für die Verbindung von Literatur und öffentlichem Meinungsaustausch war.

Anschließend bot Frau Noack, die Inhaberin des „Bücherwurm Klotzsche“, Literatur von Ingo Schulze zum Verkauf an, die der Autor auf Wunsch signierte. Viele Besucher hatten diesen Wunsch und nutzten die Gelegenheit, ein Autogramm oder ein kurzes Gespräch mit Ingo Schulze zu erhalten. Die Veranstaltung endete somit mit einer positiven und persönlichen Note. Das wird den Veranstaltern und den Besuchern sicherlich in guter Erinnerung bleiben.

Auch der Schriftsteller Ingo Schulze empfand es so, denn er meldete sich danach noch einmal bei Manto Sillack und bedankte sich mit einer berührenden persönlichen E-Mail für „die Zauberstunden“. Und wie wunderschön die Lesung mit allem Drumherum für ihn gewesen sei…

Ingo Schulze las für uns wieder hier, in seinem „Revier“, und spürte dabei das Herz seiner alten Heimat schlagen. Ein schönes Gefühl für alle.

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