150 Jahre Eisenbahnstation Klotzsche

Nachdem am 17. November 1845 die erste Sektion der Sächsisch-Schlesischen Eisenbahn (Dresden – Radeberg) eröffnet war, fuhren die Züge ohne Halt am 1,8 km entfernten Dorf Klotzsche vorbei.

Als eines Tages der Gomlitzer Schneidermeister Gotthold Menzel wieder mal aus Dresden kam und den Dampfzug hörte, hatte er folgende Idee: Hier zwischen dem Nesselgrund und dem Teufelsloch müsste eine Eisenbahn-Haltestelle sein.

Zusammen mit dem damaligen Lausaer Pfarrer sammelte der Schneidermeister Menzel Unterschriften für eine Haltestelle beim Teufelsloch. Die beiden Herren hatten Erfolg und ab 1. September 1875 hielten täglich drei Züge in jeder Richtung an der neuen Haltestelle. Die Ausflügler aus Dresden nutzen auch die Möglichkeit, um schnell ins Grüne zu kommen. Das Stationsgebäude hatte eine Größe von ca. 10 x 15 Meter. Auch ein kleines Wirtschaftsgebäude wurde gebaut.

Mit der Eröffnung der Schmalspurstrecke Klotzsche – Königsbrück am 17. Oktober 1884 wurde aus der Haltestelle Klotzsche ein Umsteige- und Umladebahnhof mit einem zusätzlichen Dienstgebäude. In diesem Gebäude waren im Erdgeschoss die Wartesäle und im Obergeschoss die Wohnung für den Bahnhofsvorsteher untergebracht. Das alte und das neue Gebäude wurden mit einer Durchgangshalle verbunden. 

Die Schmalspurgleise hatten eine Spurweite von 75 cm und lagen vor dem Bahnhofsgebäude. Zwecks schadenlosen Umladens der Töpfererzeugnisse, die aus Königsbrück kamen, errichtete man eine spezielle Umladevorrichtung. Bei dieser wurde der gesamte Wagenkasten umgesetzt. Eine weitere Besonderheit waren die Fäkalientransportwagen, die auch so umgesetzt wurden. Diese belieferten die an der Schmalspurstrecke gelegenen Düngemittelhersteller mit Fäkalien aus Dresden. Aus militärischen Gründen baute man die Klotzsche-Königsbrücker Linie auf Regelspur (1435 mm) um und eröffnete sie am 1. April 1897.

Um 1900 wurde an dem Dresden-Radeberger Streckenabschnitt viel gebaut bzw. umgebaut. Auch in Klotzsche war gebaut worden. Hier weiht man am 6. April 1908 das neue Empfangsgebäude ein. In ihm befanden sich eine große, freundliche Empfangshalle mit zwei Fahrkartenschaltern, einen Gepäckschalter, zwei bewirtschaftete Warteräume, einen Warteraum für Frauen und Kinder, einen vorbehaltenen Raum und eine Toilettenanlage. Die „Dresdner Heide-Zeitung“ berichtete, dass „von hiesigen Geschäftsleuten … Architekt Otto, Baumeister Wagenbrett, Tischlermeister Traummann, Klempnermeister Geißler, Dachdeckermeister Bürger und Malermeister Kahle“ am Bau beteiligt waren.

Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges begann für die deutschen Eisenbahnen eine schlechte Zeit. Man beförderte Truppeneinheiten zu den Fronten. Viele Eisenbahner mussten ihre Dienstuniform gegen die des Militärs eintauschen. Kriegshelferinnen mussten die frei gewordenen Arbeitsplätze einnehmen. Ihre Dienstkleidung bestand aus einer blusenartigen Jacke und einer Hose. Dagegen trugen Hilfsbeamtinnen Joppe, Beinkleid, Gamaschen und Mütze. Am 11. November 1918 kam es zum Waffenstillstand. Das Deutsche Reich hatte den Krieg verloren. Der von der Pariser Friedenskonferenz verfasste Versailler Vertrag, am 28. Juni 1919 von Deutschland unterschrieben, regelte auch die Reparationsforderungen der Alliierten. Sie waren für das Eisenbahnwesen erheblich.

Am 1. April 1920 gingen alle Länderbahnen in das Eigentum des Reiches über. Der 30. August 1924 ist der Gründungstag der „Deutschen Reichsbahn-Gesellschaft“ (DRG). Dieses selbständige Unternehmen unter ausländischer Kontrolle übernahm den Betrieb und die Verwaltung der Eisenbahnen. Gleichzeitig wurden so die Reparationszahlungen abgesichert.

Einen besonderen „Gast“ konnte der Bahnhof Dresden-Neustadt am 7. Dezember 1932 auf seinen Schienen empfangen. Gegen 17.43 Uhr fuhr fast lautlos auf Bahnsteig 5 der Versuchs-Schnelltriebwagen, „Schienenzeppelin“ genannt, ein. Um 18.12 Uhr setzte er sich wieder in Richtung Görlitz in Bewegung. Die Steigung vor dem Bahnhof Klotzsche überwand er spielend. Dieser „Schienen-Zeppelin“ erreichte bei einer Demonstrationsfahrt im Sommer 1931 eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. Trotzdem entsprach er u. a. aus betriebstechnischen Gründen nicht den Vorstellungen der DRG.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die deutsche Wehrmacht aus den okkupierten Gebieten zurückgedrängt. Dadurch kam der Krieg ins eigene Land. Nun litt die Bevölkerung unter den Ängsten vor Fliegerangriffen. Viele Städte wurden bombardiert und mit ihnen die Eisenbahnanlagen.

Am 7. Mai 1945 sprengten die Nationalsozialisten die beiden Nesselgrundbrücken (siehe „Das Klotzscher Heideblatt“ II. Quartal 2019). Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht und der Besetzung unseres Heimatgebietes durch die sowjetische Armee kam u. a. das Eisenbahnwesen in die Verwaltung der Besatzer. Bereits ab 1. September 1945 gaben die Besatzer den Betrieb und die Verwaltung der Eisenbahnen in der sowjetischen Besatzungszone an die deutschen Eisenbahner zurück. Am 13. Mai 1945 suchten die sowjetischen Militärs den Bahnhof Radeberg und am 9. Juni 1945 den Bahnhof Klotzsche nach Munition ab. Es wurde keine gefunden.

Zu den Reparationsleistungen für den verlorenen Krieg gehörte auch die Demontage des zweiten Gleises auf unserer Strecke. Der erste Streckenabschnitt, der wieder das zweite Gleis erhielt, war der zwischen Dresden-Neustadt und Klotzsche. Auf ihm fuhr der Vorortzug 697 am 9. November 1948 als erster Zug. Die restliche Strecke bis Arnsdorf war erst ab 5. Dezember 1975 wieder zweigleisig befahrbar.

Im Bahnhof Dresden-Klotzsche bildete man seit ca. 1950 Lehrlinge für den Betriebs- und Verkehrsdienst aus. Um sie praxisnah auszubilden, stand ab dem 19. Mai 1983 eine Rangiertrainingsanlage zur Verfügung. Diese wurde im Rahmen „Lehrlinge bauen für Lehrlinge“ gebaut. Zu dieser Anlage gehören ein Ablaufberg mit Zusatzeinrichtungen, fünf ausgemusterte Güterwagen, die umgerüstet worden sind, eine Kleinlokomotive der Baureihe 100 mit Rangierfunk, Rangiergeräte und zwei Garagen zur Unterbringung der Geräte und Arbeits-schutzkleidung.

Nach  der  politischen  Wende  in  der  DDR  und  der  Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 kam es bei der Deutschen Reichsbahn zu betriebsorganisatorischen Veränderungen. So wurde zum Beispiel die Betriebs- und Verkehrsstelle Radeberg am 1. November 1991 in die Hauptdienststelle Dresden-Neustadt eingegliedert.

Im Spätsommer des Jahres 1993 berichteten alle Regionaltageszeitungen vom Bahnhof Dresden-Klotzsche. Das Klotzscher Galeristenehepaar Sillack will gemeinsam mit dem Neuen Sächsischen Kunstverein in dem Empfangsgebäude einen Kunstbahnhof einrichten. Er wäre der erste in einem noch in Betrieb befindlichen Bahnhof geworden. Aber es kam nicht dazu und das Gebäude verfiel in den kommenden Jahren immer mehr. Erst durch den Kauf der Familie Probst fanden Erhaltungsmaßnahmen statt. Ziel war die Einrichtung eines Bio-Marktes. Im März 2015 waren erste Zeichen vom Beginn der Sanierung zu sehen. Das Baugerüst wurde aufgestellt und die Baustelle eingerichtet. Bereits im Juni 2016 erstrahlte die Empfangshalle im hellen Farbanstrich. Alte Bauzierelemente und Aufschriften an den Wänden wurden liebevoll erhalten und restauriert. Die große Tür des Haupteinganges war nicht mehr vorhanden. Zur Wiederherstellung der früheren äußeren Ansicht ist diese Türe nach einem historischen Foto neu entstanden. Am 8. Dezember 2016 um 10 Uhr erfolgte die Eröffnung des Biomarktes Vorwerk Podemus mit Bahnhofswirtschaft. Später folgten noch weitere Läden.

Zurück in die 1990er Jahre. 1995 stellte die Deutsche Bahn AG schrittweise den Fahrkartenverkauf in Dresden-Klotzsche, Langebrück und Radeberg ein. Automaten stellten nun den Fahrscheinerwerb sicher.

Die Gleisanlagen zwischen Dresden und Radeberg erneuerte man von 1995 bis 1996. Zur Anwendung kam der Winkelführungsoberbau W mit dem Schienenprofil S S54 Damit ist die Strecke auf dem neuesten Stand. Auch die Bahnsteige wurden neu gestaltet.

Der Flughafen in Dresden-Klotzsche sollte an das Eisenbahnnetz angeschlossen werden. Für diese Anbindung musste über den Nesselgrund eine neue Brücke gebaut werden. Die Brückenruine riss man ab und baute 1999 einen Neubau. Am 8. März 2001 erfolgte dann die Eröffnung der Flughafenanbindung als S-Bahn-Linie S2. Im Volksmund wird sie nur Flughafen-S-Bahn genannt und von den Klotzschern sehr gern genutzt.

Wichtig für den ÖPNV war die Inbetriebnahme der Übergangsstelle am Bahnhof Dresden-Klotzsche am 24. August 2004. Zu der Übergangsstelle kamen 2004 Park & Ride-Plätze dazu. Dieses Angebot wird auch gut angenommen.

Eine große Baustelle startete im Nesselgrund. Am 19. Juli 2016 begann der Abbruch der alten Nesselgrundbrücke. Damit die Strecke während der Bauphase wenigstens zweigleisig bleibt, musste erst zwischen den beiden Brücken eine Hilfsbrücke gebaut werden. Dann ruhte die Baustelle. Im Februar 2017 nahm man die Bautätigkeit wieder auf und setzte die Betonpfahlgründungen für die Pfeiler und die Widerlager. Mitte August 2017 wurde die Überbrückung betoniert. Nachdem die neuen Gleise auf der neuen Brücke verlegt und eingeschottert waren, begann in den Morgenstunden des 16. März 2018 die Demontage der Hilfsbrücke. Schließlich konnte dann mit 14-tägiger Verspätung am 8. April 2018 der erste planmäßige Zug über die neue Brücke rollen.

Abschließend bleibt noch die Hoffnung, dass die schon zu Reichsbahnzeiten vorgesehene Elektrifizierung zwischen Görlitz und Dresden zum 200-jährigen Bestehen der Strecke (2047) ausgeführt ist.

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